Difference between revisions of "Kapitel 7 - Woran starb Katharina Bauer?"

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Gekleidet in ihren weißen Laborkittel, einer Haube, hygienischem Mundschutz und ein paar Einweghandschuhen machte sich Emmy bereit für die bevorstehende Obduktion. Das Prozedere kannte sie bereits aus dem FF: frischmachen; Haare zusammenbinden (soweit das möglich war, ein Zopf im Pipi-Langstrumpf-Stil mußte reichen); Schmuck ablegen (viel war es nicht; Ketten und Armbänder mochte sie von Grund auf nicht, die Ohrringe waren klein und vielen kaum auf und den Silberring steckte sie kurz in die Hosentasche); Haube, Kittel und Handschuhe anlegen; desinfizieren und los. Dennoch war diesmal irgendetwas anders.  
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Gekleidet in ihren weißen Laborkittel, einer Haube, hygienischem Mundschutz und ein paar Einweghandschuhen machte sich Emmy bereit für die bevorstehende Obduktion. Das Prozedere kannte sie bereits aus dem FF: frischmachen; Haare zusammenbinden (soweit das möglich war, ein Zopf im Pipi-Langstrumpf-Stil muß bei kurzen Haaren eben reichen); Schmuck ablegen (viel war es nicht; Ketten und Armbänder mochte sie von Grund auf nicht, die Ohrringe waren klein und fielen kaum auf und den Silberring steckte sie kurz in die Hosentasche); Haube, Kittel und Handschuhe anlegen; desinfizieren und los. Reine Routine.
  
Sie betrachtete die Tote die vor ihr lag genau: wie für "Wasserleichen" oder vermeintlich Ertrunkene üblich gerade luftgetrocknetes Haar, statt dem einst wohl rosigen Teint der Frau war die Haut nun fahl und etwas aufgedunsen. "Dann wollen wir mal, Fräulein Schulz." Professor Dr. med. Karl-Heinz Otto begann mit seiner Untersuchung. Emmy lächelte. Aus irgendeinem Grund mochte sie es ihrem Professor zuzuhören. Seine freundliche und für einen Deutschen eher ruhige Stimme hatte für sie etwas meditatives und herzliches an sich. Es war ganz anders als der strenge Ton, den Sie von zu Hause aus gewohnt war. Komisch daß sie ausgerechnet jetzt an ihre Familie denken mußte...  
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Sie betrachtete die Tote die vor ihr lag etwas genauer: wie für "Wasserleichen" oder vermeintlich Ertrunkene üblich gerade luftgetrocknetes Haar, statt dem einst wohl rosigen Teint der Frau war die Haut nun fahl und etwas aufgedunsen. Ungefähr ihr Alter. Bei der Vorstellung, daß sie selbst auf dem Tisch liegen könnte erschauerte Emmy. "Dann wollen wir mal, Fräulein Schulz." Professor Dr. med. Karl-Heinz Otto begann mit seiner Untersuchung. Emmy lächelte. Aus irgendeinem Grund mochte sie es ihrem Professor zuzuhören. Seine freundliche und für einen deutschen Professor eher heitere Stimme hatte für sie etwas meditatives und herzliches an sich. Es war ganz anders als der strenge Ton, den Sie von zu Hause aus gewohnt war. Ein Ton der Befehlen glich und jedem Soldaten den Respekt abverlangt, den er verdient. Nicht schön. Komisch daß sie ausgerechnet jetzt an ihre Familie denken mußte... "Konzentrier dich" dachte sie.
  
Emmy begann mit ihren Notizen in die Fallakte.
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Emmy begann mit den Notizen für die Fallakte.
  
 
*Name: Bauer, Katharina
 
*Name: Bauer, Katharina
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*Anmerkungen: keine sichtbaren Hämatome, Proben von Fingernägeln genommen
 
*Anmerkungen: keine sichtbaren Hämatome, Proben von Fingernägeln genommen
  
"Nun geht's ans eingemachte Fräulein Schulz. Bitte führen Sie einen Schnitt vom Schulterblatt zum Brustbein durch." Emmy hob eine Augenbraue und sah ihren Professor lange und durchdringend an. "Test bestanden. Bitte führen Sie den Schnitt vom oberen zum unteren Brustbein durch." Emmy nahm das Skalpel. Den verlangten Schnitt führte sie mit bravur aus. "Nun öffnen wir den Korpus" leitete Prof. Dr. Otto weiter an. Auch das war kein Problem. Vielleicht etwas eklig, aber sie hatte sich genau dafür entschieden. Sie wollte kein langweiliges betriebswirtschaftliches Studium absolvieren um anschließend in das Familiengeschäft einzusteigen. Kein Bedarf. Sie wollte ihre eigenen Ziele erreichen.  
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"Nun geht's ans eingemachte Fräulein Schulz. Bitte führen Sie einen Schnitt vom Schulterblatt zum Brustbein durch." Emmy hob eine Augenbraue und sah ihren Professor lange und durchdringend an. "Test bestanden. Bitte führen Sie den Schnitt vom oberen zum unteren Brustbein durch." Wieder mußte sie unweigerlich lächeln und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie nahm das Skalpell. Den verlangten Schnitt führte sie mit Bravour aus. "Nun öffnen wir den Korpus" leitet Prof. Dr. Otto weiter an. Auch das stellt kein Problem dar. Vielleicht etwas eklig, aber sie hatte sich genau dafür entschieden. Sie wollte kein langweiliges betriebswirtschaftliches Studium absolvieren um anschließend in das Familiengeschäft einzusteigen. Kein Bedarf. Sie wollte ihre eigenen Ziele erreichen. Etwas das ihr Spaß macht. Während sie so den Worten des Professors lauschte vernahm sie plötzlich von einer dritten Person: "Sowas habe ich zuletzt 1877 gesehen."
  
"Sowas habe ich zuletzt 1877 gesehen." Moment, hatte sie gerade richtig gehört? 1877? Emmy sah verdutzt zu ihren Professor auf. Verlegen stammelte sie: "Bitte verzeihen Sie Professor, können Sie dies bitte wiederholen?" "Sie sind verfärbt. Die inneren Organe der Frau sehen aus als wäre sie vergiftet worden. Wir werden eine weitere toxikologische Untersuchung des Mageninhalts..." Wieder verschwammen die Gedanken.  
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Moment, hatte sie gerade richtig gehört? 1877? Emmy sah verdutzt zu ihren Professor auf. Verlegen stammelte sie: "Bitte verzeihen Sie Professor, können Sie dies bitte wiederholen?" "Sie sind verfärbt. Die inneren Organe der Frau sehen aus als wäre sie vergiftet worden. Wir werden eine weitere toxikologische Untersuchung des Mageninhalts..." Wieder verschwammen die Gedanken. Dann wurde alles Schwarz.  
  
Plötzlich fand sie sich vor einem Toten wieder. Aber es war nicht die Tote, die sie zuletzt untersuchen sollte. Auch war das nicht die FU-Berlin. Wo zur Hölle war sie? Gekachelte Wände, Geruch von Desinfektionsmittel, Sezierbesteck. Sie war definitiv in einer medizinischen Einrichtung, aber wo? Und vor allem, wann??? Die medizinischen Geräte sahen nicht so aus als würden sie aus dem 20. Jahrhundert stammen, eher Mitte 19. Jahrhundert. Und dann diese gelblichen Kacheln... Ein leichter ekel überfiel sie. Neugierig faßte sie eins der Geräte genauer ins Auge. "Dann wollen wir mal." Aufgeschreckt durch den Ausruf sprang Emmy einen Satz nach rechts. Panisch dreht sie sich um.  
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Plötzlich schreckte Emmy auf. Sie fand sich vor einem Toten wieder. Aber es war nicht die Tote, die sie zuletzt untersuchen sollte. Es war ein Mann Mitte 30, der bereits aufgeschnitten vor ihr lag. Die Eingeweide waren wie bei der Frau dunkel verfärbt. Aber hey, wo war Sie? Das war definitiv nicht die FU-Berlin. Wo zur Hölle war sie? Gekachelte Wände, Geruch von Desinfektionsmittel, Sezierbesteck. Sie befand sich in einer medizinischen Einrichtung, so viel stand fest. Aber wo? Und vor allem, wann??? Die medizinischen Geräte sahen nicht so aus als würden sie aus dem 20. Jahrhundert stammen, eher Mitte 19. Jahrhundert. Und dann diese gelblichen Kacheln... Ein leichter ekel überfiel sie. Neugierig faßte sie eins der Geräte genauer ins Auge. Es handelte sich wohl eine vorzeitliche Version einer Absaugpumpe nebst seltsamen Sezierbesteck, Klemmen und Tupfer. "Was steht da? Pompe d'aspiration, démarrer?" Nun verstand sie gar nichts mehr. Die Frage wo sie sich gerade befindet trat nun immer mehr in den Vordergrund. Neugierig näherte sie sich einem Stapel Akten und überflog diese grob. Soweit sie irgendetwas entziffern konnte, die Schrift schien von einem siebzigjährigen Akademiker zu stammen, war ausladend groß und wies etliche Schnörkel und Kringel auf. Sie gehörten einem Dr. x.
  
"Vielen Dank Fräulein Schulz. Ich war heute sehr zufrieden mit Ihnen." Der Professor beendete seine Untersuchung und klopfte ihr freundlich lächelnd auf die Schulter bereitete sich gedanklich auf die nächste Untersuchung vor. Ein gestammeltes "Ah, danke." war alles was sie rausbekam als Professor Dr. Otto bereits in der Tür verschwand. Schon schockiert von dem Erlebnis in einer Fremden Umgebung sah sie verwundert auf ihre Notizen herab. Die ordentliche, kleine aber deutliche Schrift mit der Sie begonnen hatte hatte sich rapide in eine weit ausladende, große und mit zahllosen Kringeln verzierte Handschrift eines Mannes Mitte siebzig verwandelt.
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"Dann wollen wir mal." Aufgeschreckt durch den Ausruf sprang Emmy einen Satz nach rechts. Panisch drehte sie sich um.
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"Vielen Dank Fräulein Schulz. Ich bin heute sehr zufrieden mit Ihnen." Der Professor beendete seine Untersuchung, klopfte ihr freundlich lächelnd auf die Schulter und bereitete sich gedanklich auf den Feierabend vor. Ein gestammeltes "Oh, danke." war alles was sie rausbekam als Professor Dr. Otto bereits in der Tür verschwand. Schockiert von dem Erlebnis in einer Fremden Umgebung sah sie verwundert auf ihre Notizen herab. Die ordentliche, kleine aber deutliche Schrift mit der Sie begonnen hatte hatte sich rapide in eine weit ausladende, große und mit zahllosen Schnörkeln und Kringeln verzierte Handschrift eines Mannes Mitte siebzig verwandelt. Viel merkwürdiger war, dass sie in deutsch begonnen hatte und abrupt in eine andere ihr unbekannte Sprache gewechselt hat. Sie brauchte dringend einen Übersetzter. Und einen Kaffee. Einen schwarzen Kaffee. Dabei trank sie keinen.
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Emmy überlegte kurz, packte ihre Unterlagen und Sachen zusammen und schlich sich in das Büro von Prof. Dr. med. Karl-Heinz Otto. Sie wußte, dass der Professor bereits gegangen war. Glücklicherweise hatte auch seine Sekretärin bereits Feierabend gemacht sodaß Emmy nun ungestört umherschnüffeln konnte. Emmy wußte genau, dass der Professor sein Diktiergerät nach einer Obduktion seiner Sekretärin Fräulein Meyer zum Abtippen auf Schreibmaschine in die Schublade legte. Den Titel "Fräulein" Meyer trug die Dame etwas zu unrecht. Sie war um die fünfzig und trug ihre bereits ergrauten Haare streng zu einem Dutt gebunden. Emmy fand das Band und wußte dass Sie nun "Überstunden" schieben mußte.

Latest revision as of 04:32, 11 September 2023

Gekleidet in ihren weißen Laborkittel, einer Haube, hygienischem Mundschutz und ein paar Einweghandschuhen machte sich Emmy bereit für die bevorstehende Obduktion. Das Prozedere kannte sie bereits aus dem FF: frischmachen; Haare zusammenbinden (soweit das möglich war, ein Zopf im Pipi-Langstrumpf-Stil muß bei kurzen Haaren eben reichen); Schmuck ablegen (viel war es nicht; Ketten und Armbänder mochte sie von Grund auf nicht, die Ohrringe waren klein und fielen kaum auf und den Silberring steckte sie kurz in die Hosentasche); Haube, Kittel und Handschuhe anlegen; desinfizieren und los. Reine Routine.

Sie betrachtete die Tote die vor ihr lag etwas genauer: wie für "Wasserleichen" oder vermeintlich Ertrunkene üblich gerade luftgetrocknetes Haar, statt dem einst wohl rosigen Teint der Frau war die Haut nun fahl und etwas aufgedunsen. Ungefähr ihr Alter. Bei der Vorstellung, daß sie selbst auf dem Tisch liegen könnte erschauerte Emmy. "Dann wollen wir mal, Fräulein Schulz." Professor Dr. med. Karl-Heinz Otto begann mit seiner Untersuchung. Emmy lächelte. Aus irgendeinem Grund mochte sie es ihrem Professor zuzuhören. Seine freundliche und für einen deutschen Professor eher heitere Stimme hatte für sie etwas meditatives und herzliches an sich. Es war ganz anders als der strenge Ton, den Sie von zu Hause aus gewohnt war. Ein Ton der Befehlen glich und jedem Soldaten den Respekt abverlangt, den er verdient. Nicht schön. Komisch daß sie ausgerechnet jetzt an ihre Familie denken mußte... "Konzentrier dich" dachte sie.

Emmy begann mit den Notizen für die Fallakte.

  • Name: Bauer, Katharina
  • Adresse:
  • Geburtsdatum:
  • Alter: 26
  • Todesursache: Ertrinken
  • Anmerkungen: keine sichtbaren Hämatome, Proben von Fingernägeln genommen

"Nun geht's ans eingemachte Fräulein Schulz. Bitte führen Sie einen Schnitt vom Schulterblatt zum Brustbein durch." Emmy hob eine Augenbraue und sah ihren Professor lange und durchdringend an. "Test bestanden. Bitte führen Sie den Schnitt vom oberen zum unteren Brustbein durch." Wieder mußte sie unweigerlich lächeln und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie nahm das Skalpell. Den verlangten Schnitt führte sie mit Bravour aus. "Nun öffnen wir den Korpus" leitet Prof. Dr. Otto weiter an. Auch das stellt kein Problem dar. Vielleicht etwas eklig, aber sie hatte sich genau dafür entschieden. Sie wollte kein langweiliges betriebswirtschaftliches Studium absolvieren um anschließend in das Familiengeschäft einzusteigen. Kein Bedarf. Sie wollte ihre eigenen Ziele erreichen. Etwas das ihr Spaß macht. Während sie so den Worten des Professors lauschte vernahm sie plötzlich von einer dritten Person: "Sowas habe ich zuletzt 1877 gesehen."

Moment, hatte sie gerade richtig gehört? 1877? Emmy sah verdutzt zu ihren Professor auf. Verlegen stammelte sie: "Bitte verzeihen Sie Professor, können Sie dies bitte wiederholen?" "Sie sind verfärbt. Die inneren Organe der Frau sehen aus als wäre sie vergiftet worden. Wir werden eine weitere toxikologische Untersuchung des Mageninhalts..." Wieder verschwammen die Gedanken. Dann wurde alles Schwarz.

Plötzlich schreckte Emmy auf. Sie fand sich vor einem Toten wieder. Aber es war nicht die Tote, die sie zuletzt untersuchen sollte. Es war ein Mann Mitte 30, der bereits aufgeschnitten vor ihr lag. Die Eingeweide waren wie bei der Frau dunkel verfärbt. Aber hey, wo war Sie? Das war definitiv nicht die FU-Berlin. Wo zur Hölle war sie? Gekachelte Wände, Geruch von Desinfektionsmittel, Sezierbesteck. Sie befand sich in einer medizinischen Einrichtung, so viel stand fest. Aber wo? Und vor allem, wann??? Die medizinischen Geräte sahen nicht so aus als würden sie aus dem 20. Jahrhundert stammen, eher Mitte 19. Jahrhundert. Und dann diese gelblichen Kacheln... Ein leichter ekel überfiel sie. Neugierig faßte sie eins der Geräte genauer ins Auge. Es handelte sich wohl eine vorzeitliche Version einer Absaugpumpe nebst seltsamen Sezierbesteck, Klemmen und Tupfer. "Was steht da? Pompe d'aspiration, démarrer?" Nun verstand sie gar nichts mehr. Die Frage wo sie sich gerade befindet trat nun immer mehr in den Vordergrund. Neugierig näherte sie sich einem Stapel Akten und überflog diese grob. Soweit sie irgendetwas entziffern konnte, die Schrift schien von einem siebzigjährigen Akademiker zu stammen, war ausladend groß und wies etliche Schnörkel und Kringel auf. Sie gehörten einem Dr. x.

"Dann wollen wir mal." Aufgeschreckt durch den Ausruf sprang Emmy einen Satz nach rechts. Panisch drehte sie sich um.

"Vielen Dank Fräulein Schulz. Ich bin heute sehr zufrieden mit Ihnen." Der Professor beendete seine Untersuchung, klopfte ihr freundlich lächelnd auf die Schulter und bereitete sich gedanklich auf den Feierabend vor. Ein gestammeltes "Oh, danke." war alles was sie rausbekam als Professor Dr. Otto bereits in der Tür verschwand. Schockiert von dem Erlebnis in einer Fremden Umgebung sah sie verwundert auf ihre Notizen herab. Die ordentliche, kleine aber deutliche Schrift mit der Sie begonnen hatte hatte sich rapide in eine weit ausladende, große und mit zahllosen Schnörkeln und Kringeln verzierte Handschrift eines Mannes Mitte siebzig verwandelt. Viel merkwürdiger war, dass sie in deutsch begonnen hatte und abrupt in eine andere ihr unbekannte Sprache gewechselt hat. Sie brauchte dringend einen Übersetzter. Und einen Kaffee. Einen schwarzen Kaffee. Dabei trank sie keinen.

Emmy überlegte kurz, packte ihre Unterlagen und Sachen zusammen und schlich sich in das Büro von Prof. Dr. med. Karl-Heinz Otto. Sie wußte, dass der Professor bereits gegangen war. Glücklicherweise hatte auch seine Sekretärin bereits Feierabend gemacht sodaß Emmy nun ungestört umherschnüffeln konnte. Emmy wußte genau, dass der Professor sein Diktiergerät nach einer Obduktion seiner Sekretärin Fräulein Meyer zum Abtippen auf Schreibmaschine in die Schublade legte. Den Titel "Fräulein" Meyer trug die Dame etwas zu unrecht. Sie war um die fünfzig und trug ihre bereits ergrauten Haare streng zu einem Dutt gebunden. Emmy fand das Band und wußte dass Sie nun "Überstunden" schieben mußte.